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Langsam laufen macht schnell!

07. Jul 2022 • Lesedauer: 3 Minuten

Langsam laufen?! Wofür? Für mich gibt es zwei Szenarien, in denen das Laufen besonders schwerfällt: Die richtig intensiven Einheiten und die bei denen man gezielt langsam läuft.

Keine Lust zu lesen? Alles über das langsame Laufen hörst du hier:

Zur Erinnerung: Nach dem ersten Ründchen mit Lauftrainer Stefan wollte ich unbedingt mal versuchen, die lockeren Läufe so zu absolvieren, dass sich der Puls sich zwischen 70-75% der maximalen Herzfrequenz befindet. Das ist nicht so leicht, wie es sich zunächst anhört.

Noch ein Hinweis vorweg: Wenn wir vom langsam laufen oder vom lockeren Laufen in Kombination mit Zeiten reden, dann sind das immer relative, personenbezogene Werte. Tempi sind immer relativ! Der bessere Begriff hierfür wäre vermutlich achtsames Laufen. Danke an dieser Stelle an den Laufpoeten für das Einführen dieser Begrifflichkeit!

Gemeinsam mit Laufcoach Stefan habe ich das langsam Laufen getestet

Warum zur Hölle sollte ich langsam laufen?

Die Frage lässt sich ganz leicht beantworten. Es macht dich auf Dauer schneller. Wie? Nun, unser Körper bezieht seine Energie aus Fetten, Kohlenhydraten und Eiweißen. Die Reihenfolge in dieser Aufzählung ist an dieser Stelle auch repräsentativ für ihre Größe.

Die größte Energiedichte weist der Fettspeicher auf. Selbst bei Athlet:innen mit extrem geringen Körperfettanteil würde die Energie für mehrere Marathons! am Stück ausreichen. Das Problem ist, dass die Energiegewinnung aus Fetten nicht so einfach ist. Hierfür brauchen wir genügend Sauerstoff und ein paar Kohlenhydrate um das Feuer am Lodern zu halten.

Genau diese Bedingung erfüllen wir bei Läufen unter 75% der maximalen Herzfrequenz. Trainieren wir also das langsam Laufen, so verbessert unser Körper seine Energiegewinnung aus Fettdepots.

Und was bringt mir ein niedriger Puls?

Der Puls dient als Belastungsindikator. Je höher er ist (% der maxHF) um so mehr Saft brauchen wir aus den Speichern, um daraus Bewegungsenergie zu konvertieren. Wie ich schon sagte, ist es für den Körper kein Kinderspiel aus Fetten Energie zu beziehen, so dass er bei höheren Belastungen direkt an die einfach verwertbaren Kohlenhydratreserven geht. Die hingegen sind je nach Läufer:in nach 45-90min erschöpft (Ausnahmen gibt es immer). Wenn man jetzt keine Energie nachlegt, in Form von Gels, Früchten, etc. dann ist das Feuer erloschen. Der Mann mit dem Hammer klopft erst einmal freundlich, bis er dir dann vor die Stirn haut.

Durch das Training im niedrigen Pulsbereich erweitert dein Körper sein Kapillarnetz, stärkt vorhandene und bildet neue Mitochondrien. Kurz um: Langsam laufen – heißt Sauerstofftransport optimieren und verbessern. Außerdem wirst du dich viel schneller von der Belastung erholen.

Super, jetzt kann ich langsam laufen. Wieso werde ich jetzt schneller?

Eigentlich habe ich dir die Antwort gerade schon geliefert. Du bist erholter, was in der Regel nicht schaden kann, wenn du dann doch mal Gas geben willst. Auf der anderen Seite hast du durch das Training im Sauerstoffüberschuss das Schloß zu den energiereichen Fettdepots geknackt. Davon zerrst du entsprechend auch bei den intensiven Läufen. Denn je mehr Energie aus den Fetten kommt, umso weniger brauchst du von den leicht erschöpflichen Kohlenhydraten.

Pat, du hast es doch getestet. Wie war es?

Ganz genau. In den vergangenen 30 Tagen habe ich meine lockeren Läufe ausschließlich nach Puls gemacht. Anfangs viel es mir schwer mich von der Pace zu lösen. Klar, der Ehrgeiz möchte natürlich ein hohes Tempo und gleichzeitig einen möglichst niedrigen Puls. Tatsächlich liessen die Vorteile nicht lang auf sich warten. Nach dem ersten Mal langsam laufen — seit einer Ewigkeit — bemerkte ich sofort, dass ich deutlich erholter als sonst war. Kein Hangover-Gefühl. Im Gegenteil! Ich hatte direkt wieder Bock loszuziehen.

Bei den schnellen Einheiten bemerkte ich dann auch recht schnell Fortschritte. Dort konnte ich nämlich auf einmal für meine Verhältnisse locker abliefern. Anstrengend waren die Intervalle natürlich trotzdem, dennoch hatte ich das Gefühl, die Ermüdung würde deutlich später einsetzen.

Mein persönliches Highlight aber ist, dass ich mit dem langsam Laufen meinen Weg zum Runners High entdeckt habe. Mehrere Wochen in Folge, immer bei Dunkelheit und entsprechender Trainingseinheit, kam ich an den Punkt, an dem ich scheinbar Gast im eigenen Körper war. Ich konnte mich um alle losen Gedanken kümmern, während meine Beine einfach taten wofür ich loslief.

Würde ich dir also das langsam Laufen empfehlen? Auf alle Fälle! Falls du nicht ohnehin durch den ersten Teil der Podcastfolge den Selbstversuch gestartet hast, dann solltest du es jetzt tun. Am Besten sofort. Was hast du zu verlieren, außer vielleicht 30 Tage um dich selbst zu überzeugen?

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